1.2.2001 Main Echo

Energetisch gespielt

Das Artis-Quartett und Pianist Stefan Vladar in Frankfurt

Dieses Programm lag etliche Jahre schon fertig in der Schublade des Veranstalters - es wartete auf diesen einen, speziellen Tag, auf den ersten Konzerttermin im neuen Jahrhundert. Jetzt war es soweit: Beim ersten Lunch-Konzert des Hessischen Rundfunks im 21. Jahrhundert wurde ein wunderbares Programm gegeben aus der Zeit des letzten Jahrhundertwechsels.

Schönbergs kurze Klavierstücke op. 19 trafen dabei au Brahms' späte sieben Fantasien op. 116, sein f-Moll Klavierquintett, auf Schönbergs zweites Streichquartett, in dessen Finalsatz mit der George Vertonung »Ich fühle Luft von anderem Planeten« die Atonalität begrüßt werden konnte. Ganz klar, dass für solch ein Jahrhundertwende-Thema nur Wiener Musiker als Interpreten in Frage kamen.

Der HR, der mit seinen sonntäglichen Lunch-Konzerten längst alle anderen Frankfurter Konzertveranstalter in puncto feinsinniger Künstler- und Programmauswahl in den Schatten gestellt hat, hatte sie ebenso lange schon in der Schublade: Den Wiener Pianisten Stefan Vladar und das Artis-Quartett.

Dazu, für die Vokalsätze des Schönberg-Quartetts, die rumänische Sopranistin Ildiko Raimondi, seit 1990 im Ensemble der Wiener Staatsoper, eine Frau mit einer fulminant intensiven Stimme und bestmöglicher Deutlichkeit. Dass diese Jahrhundertwende so hervorragend klang, einfach so berauschend gut tönte: Es lag ein gutes Stück weit weder an Brahms noch an jenem hier so luziden Arnold Schönberg, sondern an den Herren Montagnana, Guarneri, Guadagnini und Amati. Sie bauten schon mehrere Jahrhunderte zuvor jene vier Instrumente, die die Österreichische Nationalbank den vier Musikern des Wiener Artis-Quartetts zur Verfügung gestellt hatte.

Zum reinen Klang kam dann eine rhythmische Kraft und Präzision, die das Artis-Quartett mit seinem Pianistenkollegen zu einem echten Ereignis werden ließ. Stefan Vladar allerdings hatte Pech - nicht, weil im Brahms-Quintett einige Töne verloren gingen, die hatte er längst durch sein energetisches und klares Spiel kompensiert. Sein unabänderliches Pech war, dass ein Jahrhundertwechsel immer im Winter, in der Erkältungszeit stattfindet.

Und mehr noch, dass ein Publikum im HR-Sendesaal seinem Husten vor allem dann freien Lauf lässt, wenn die Stücke so sekundenkurz sind wie die »Sechs kleinen Klavierstücke« von Arnold Schönberg aus dem Jahr 1911. Völlig verloren, diese Miniaturen. Aber keine neue Erkenntnis für einen erfahrenen Tonmeister wie den des Hessischen Rundfunks - er hatte diese vier Minuten komplexen Zartklangs mit Stefan Vladar schon vorproduziert, für die Ausstrahlung am 1 1. Februar um 18.30

Stefan Schickhaus .
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