Deutschlandfunk

Kammermusik von Mozart und von Dohnányi

Am Mikrofon begrüßt Sie Norbert Ely zu neuen Aufnahmen aus dem weiten Feld der Kammermusik. Seien Sie herzlich willkommen. Zwei neue CDs möchte ich Ihnen heute ans Herz legen. In beiden Fällen handelt es sich wirklich um rundum erfreuliche Neuerscheinungen. [...] Die andere CD entstand in Tokio - wie das Leben halt so spielt. Dort nahm im April 2002 das Wiener Artis-Quartett für das Label Orfeo Auszüge aus Mozarts Oper "Don Giovanni" auf, Arrangements des Mozart-Zeitgenosse Johann Nepomuk Went für Streichquartett. Davon wird gleich die Rede sein. [...]

Johann Nepomuk Went, der bis 1801 lebte, schrieb eine Bearbeitung in der Dramaturgie der weiland beliebten Harmoniemusiken, indes nicht für Bläseroktett, sprich: für die Regimentsmusik, sondern für den vierstimmigen Streichersatz. Geht das überhaupt? Und wie! Die Aufnahme ist eine Offenbarung, was nicht nur damit zu tun hat, dass das Artis-Quartett eine Wiener Institution ist und dass seine Mitglieder natürlich den "Giovanni" mehr als einmal in der Staatsoper gehört haben dürften.

In der Quartettfassung geht das dramma giocoso um den burlador los wie eines der Sieben letzten Worte unseres Erlösers von Haydn. Die vier machen Ernst, und zwar zum Teil ganz ohne Vibrato; es ist zum Gänsehautkriegen:

* Musikbeispiel: Wolfgang Amadeus Mozart (bearb.: Johann Nepomuk Went) - Ouvertüre (Ausschnitt) aus: "Don Giovanni" - Fassung für Streichquartett

Natürlich kann man da den ganzen Bläsersatz vermissen. Gerade die authentische Aufführungspraxis und deren Derivate haben uns gelehrt, wie konstituierend der charakteristische Bläserklang im sinfonischen Apparat Mozarts ist. Anderseits ist es dem Bearbeiter Went gelungen, einen Quartettsatz auszuarbeiten, der ungleich dramatischer und spannungsreicher ist als zum Beispiel die relativ harmlose Quartettbesetzung, die es im Fall des einen oder anderen Mozartschen Klavierkonzerts ad libitum gibt.

Die Bearbeitung folgt, wie gesagt, der Dramaturgie der Harmoniemusiken. Es gibt eine Abfolge der Arien und Ensembles. Und da zeigt sich, zu welch sprechender Artikulation die vier Musiker des Artis-Quartetts in der Lage sind. Die Nonchalance, mit der sie durch die Registerarie schlendern, ist einfach nur köstlich. Und da, wo in Dresden zum Beispiel ein großer Flötist wie Eckart Haupt tonleiterabwärts Hohn und Spott zu blasen pflegte, spielt Peter Schumayer ein kaum weniger höhnisches Detaché - Leporello als ein ganz Abgefeimter.

Aber hören Sie doch ganz einfach mal "Là ci darem la mano", fein verteilt auf Bariton und Sopran! Da könnte man glatt Lust bekommen, Adornos charmantestes Stück Prosa, seine Huldigung an Zerline, noch einmal zu lesen.

* Musikbeispiel: Wolfgang Amadeus Mozart (bearb.: Johann Nepomuk Went) - Nr. 7 Duettino. "Là ci darem la mano" aus: "Don Giovanni" - Fassung für Streichquartett

So geht das fort mit dem Wiener Artis-Quartett und Mozarts "Don Giovanni" im Quartett-Arrangement des Johann Nepomuk Went. Ob die vier beim Rondo der Donna Anna "Non mi dir, bell' idol mio" noch die unvergessene Wiener Sopranistin Ljuba Welitsch im Ohr hatten? Die wurde bei den Koloraturen dann allerdings doch ein bisschen langsamer - Primarius Peter Schumayer hat selbstverständlich da keine Not. Das Finale ist eine Höllenfahrt a quattro - erneut geschärft im Klang, dramatisch packend bis an die Grenze dessen, was ein Streichquartett im klassischen harmonischen Rahmen leisten kann. Alles in allem: ein seltener Glücksfall, um nicht zu sagen, una cosa rara!

* Musikbeispiel: Wolfgang Amadeus Mozart (bearb.: Johann Nepomuk Went) - Nr. 24 Finale aus: "Don Giovanni" - Fassung für Streichquartett .
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