29.1.2001 Die Presse |
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Luft von anderen Planeten |
Luft von anderen Planeten Ildiko Raimondi und das Artis-Quartett boten im Wiener Brahmssaal seltene Beispiele für Kammermusik mit Gesang. Wie selbstverständlich liefen die Fäden dieses Musikverein-Abends bei Arnold Schönbergs Zweitem Streichquartett op. 10 zusammen: Denn nahtlos, gleichsam als fünfte Stimme, hat Schönberg im dritten und vierten Satz den Sopran mit dem dichten kompositorischen Gewebe verflochten, wie auch umgekehrt Stefan Georges Gedichte "Litanei" und "Entrückung" gewiß mitbestimmend dafür waren, daß Schönberg in seiner Textexegese den Rahmen der alten Tonalität endgültig zu sprengen unternahm. Grandios die Wiedergabe. Bis ins letzte ausgefeilt präsentierten sich im Spiel des Ensembles die komplizierten satztechnischen Strukturen in hoher Expressivität, rhythmischer Prägnanz, zuletzt auch in klangsymbolischer Farbigkeit. Ildiko Raimondi gelang es souverän, technische Fundierung, musikalische Durchdringung auch in den heiklen Fragen der Intonation und Intensität des Ausdrucks auf einen Nenner zu bringen. Kammermusik und Lied quasi pur hatten darauf vorbereitet: Haydns "Reiter-Quartett" erlebte eine überraschend klangüppige Interpretation. Und fünf Lieder von Joseph Marx nach Paul Heyse sowie Robert Schumanns Sechs Gesänge op. 107 in einer fesselnd verfremdeten Bearbeitung von Aribert Reimann sahen die Sängerin als erfahrene Liedinterpretin mit manchen rafftniert-betörenden Pianotönen. Ein spannender Abend. GERHARD KRAMER. |
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